Vorsicht beim Einsatz von Google Fonts
Abmahnung wegen Datenschutzverstößen durch Google Fonts? Zahlen Sie nicht!
Dr. Oliver Stegmann, 25. November 2022
Viele Betreiber von Onlineshops oder anderen Webseiten bekommen seit einigen Wochen unangenehme Post aus Berlin oder Meerbusch: Es handelt sich um Abmahnungen wegen angeblicher Datenschutzverstöße durch den Einsatz von Google Fonts auf Webseiten.
Wie reagieren Sie als Betroffener am besten?
Die Abmahnungen stammen von einem Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin; angeblicher Mandant ist Herr Martin Ismail. In den Schreiben wird eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wegen Datenschutzverstößen geltend gemacht. Martin Ismail tritt als Mitglied einer „Interessengemeinschaft Datenschutz“ in Erscheinung. Der Datenschutzverstoß liegt angeblich in einer nicht ordnungsgemäßen Nutzung von Google Fonts auf Webseiten.
Auch ein Rechtsanwalt aus Meerbusch tritt in Erscheinung: Nikolaos Kairis. Er schreibt für ganz viele unterschiedliche Mandanten und fordert ebenfalls in großem Stil Nutzer von Google Fonts zur Zahlung von „Schmerzensgeld“ nebst entstandener Rechtsanwaltskosten auf.
Was sind Google Fonts?
Google Fonts ist eine Sammlung von Schriften, die Anbietern von Webseiten von Google zur Verfügung gestellt wird. Google Fonts kann so konfiguriert werden, dass Schriften auf der Website eingebunden und angezeigt werden, ohne dass sich die Daten für die Schrift auf dem eigenen Server befinden. Beim Aufrufen der Website werden die Daten für die Schriften deshalb über einen Google-Server nachgeladen. In diesem Fall würden, so der Vorwurf in den Abmahnungen, auch Daten von Seitenbesuchern, insbesondere die IP-Adresse, an Google in den USA übertragen.
Das Landgericht München (Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20) hält diese dynamische Einbindung von Google Fonts ohne Einwilligung der Besucher der Webseite für datenschutzwidrig. Allerdings ist die Entscheidung der Münchner Richter umstritten, weil der Sachverhalt offensichtlich nicht ganz richtig dargelegt wurde. Außerdem ist die Frage, ob der vermeintliche Verstoß gegen Datenschutz überhaupt einen Schadensersatzanspruch begründet.
Zuerst: Einstellungen von Google Fonts ändern
Sofern Google Fonts dynamisch in Ihre Webseite eingebunden werden, kann dies tatsächlich datenschutzrechtlich relevant sein, auch wenn man natürlich nicht sicher sagen kann, dass überhaupt Daten in die Vereinigten Staaten gelangt sind. Trotzdem sollten Sie sich schnellstmöglich um eine datenschutzkonforme Konfiguration der Webseite kümmern.
Das ist einfach zu bewerkstelligen! Datenschutzbehörden könnten wegen solcher Verstöße theoretisch Bußgelder verhängen. Sofern Sie personenbezogene Daten verarbeiten, sollten Sie stets sicherstellen, dass Sie sich datenschutzkonform verhalten.
Forderungen der Abmahnkanzleien unbegründet
Die von den Abmahnungen geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind jedoch unbegründet und können daher mit ziemlicher Sicherheit abgewehrt werden. Trotzdem sollten Sie die Schreiben nicht einfach ignorieren. Andernfalls besteht das Risiko, dass ein Gericht etwas „unüberlegt“ eine ähnliche Entscheidung wie das Landgericht München trifft und eine Schadensersatzpflicht wegen eines Datenschutzverstoßes bejaht. Auch wenn datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche geltend gemacht werden, ist Vorsicht angezeigt. Deshalb sollten Sie, am besten durch einen Rechtsanwalt, die Abmahnung beantworten und darlegen, warum die Forderung unbegründet ist. Das Vorgehen der Abmahner dürfte sogar rechtsmissbräuchlich sein.
Jedenfalls muss in jedem Einzelfall ein konkreter Schaden nachgewiesen werden. Die bisherigen Begründungen in den Abmahnungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Deshalb kann so eine Abmahnung sogar als rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb anzusehen sein und Abwehransprüche gegen den Abmahner auslösen. Mindestens eine entsprechende Entscheidung vom Landgericht Baden-Baden kursiert bereits im Netz.
Fazit
Wenn Sie eine Abmahnung wegen der Nutzung von Google Fonts erhalten haben, wenden Sie sich an Ihren Rechtsbeistand. Zahlen Sie bitte keinesfalls, auch wenn Ihnen der geforderte Betrag niedrig erscheint!
Autor: Rechtsanwalt Dr. Oliver Stegmann, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, https://www.esche.de/team/oliver-stegmann