Retouren im Online-Handel
Deutschland bleibt Retouren-Europameister
Karsten Buth, 07. September 2022
Die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Otto-Friedrich-Universität Bamberg hat die Ergebnisse des European Return-o-Meter (EUROM) veröffentlicht. Befragt wurden dafür über 400 Online-Händler.
In Deutschland wurden in 2021 Waren im Wert von 99 Milliarden Euro im Online-Handel gekauft. Doch der Wettbewerbsdruck im E-Commerce wächst. Für viele Online-Händler gibt es keine Alternative zu einem kulanten Umgang mit Retouren, kostenlosen Rücksendungen und großzügigen Rückgabefristen. Nur einer von zehn deutschen Shopbetreibern verlangt Gebühren für die Rücksendung oder beteiligt die Kunden an den Kosten.
Kunden nehmen die Retoure-Optionen gern wahr. Fast jedes vierte Paket, das 2021 über einen deutschen Online-Shop gekauft wurde, ging vollständig bestückt oder in Teilen wieder zurück. In absoluten Zahlen ausgedrückt werden die Dimensionen deutlich: 530 Millionen Retourensendungen mit etwa 1,3 Milliarden Artikeln.
Wenig überraschend ist der hohe Anteil an Fashion-Artikeln. Sie machen beinahe 91 % der insgesamt retournierten Artikel aus.
Deutsche Online-Kunden verhalten sich anders
Interessant ist auch der Vergleich mit E-Commerce-Händlern in anderen europäischen Ländern. Dort gelten oftmals deutlich kürzere Rückgabefristen und jeder zweite Händler beteiligt die Kunden an den Retourenkosten.
Ein weiterer Unterschied beim internationalen Vergleich des Online-Kaufverhaltens hat ebenfalls Einfluss auf die höhere Retourenquote deutscher Kunden:
Der Kauf auf Rechnung ist in Deutschland nach wie vor eines der beliebtesten Zahlverfahren. Im Gegensatz zu Abbuchungen über Kreditkarten, PayPal oder vorab getätigte Überweisungen und den damit später notwendigen Rückerstattungen, lässt sich beim Rechnungskauf der Gesamtbetrag bequem um den Wert der retournierten Ware kürzen.
Retouren zwingen Online-Händler zur Anpassung
Deutschland bleibt über alle Warengruppen hinweg Retouren-Europameister. Hier sind die höchsten Retourenquoten beobachtet worden, gefolgt von Österreich und der Schweiz.
Deutsche Online-Händler haben insgesamt bisher keinen Weg gefunden, die Retourenquote an sich zu reduzieren. Die Auswirkungen auf die Umwelt (CO2-Fußabdruck) sind fatal.
An anderer Stelle hat aber sehr wohl ein Entwicklungsprozess eingesetzt. Deutsche Anbieter verstehen es besser als ihre internationalen Wettbewerber, die Kosten für Rückversand und Bearbeitung von Retouren möglichst gering zu halten.
Zurückgesendete Ware wird offenbar nur sehr selten entsorgt. Laut Ergebnissen der Forschungsgruppe Retourenmanagement liegt die Quote im deutschen Online-Handel bei 1,3 %. Die Summe ist in absoluten Zahlen dennoch erschreckend: 17 Millionen entsorgte Artikel. In über 93 % der Fälle wird ein retournierter Artikel jedoch anschließend wieder als Neuware verkauft.
Wirtschaftlich gesehen hat die deutsche E-Commerce-Branche durch geringere Kosten im Retourenmanagement und die hohe Wiederverwertung damit trotz der hohen Rücksendelast einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen europäischen Ländern.